Montag, 19. März 2012

Alois Suter (Lisäbethler) - Folge 2

Im Folgenden wird der Nachruf Alois Suter-Pfyl, aus der Schwyzer Zeitung vom 19. Mai 1950 in vollem Umfang wiedergegeben.

Abb. 1: Portrait, Datum unbekannt


+ Alt-Siegrist Alois Suter-Pfyl, Kaltbach-Schwyz
(genannt Lisäbethler)

Mit Alois Suter-Pfyl ist ein Original heimgegangen. Wir halten uns deshalb in diesem Nekrologe möglichst getreu an die ebenfalls originellen Aufzeichnungen über ihn. - "Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben", das bewahrheitete sich auch an Vater Alois, der im patriarchalischen Alter von 89 Jahren verschieden ist. Er hatte ein bewegtes Leben hinter sich. Seine Wiege stand im Ried-Muotathal. Geboren am 14. Juli 1861 waren seine Eltern Alois Suter, Landwirt, und Agatha Suter von Muotathal. Zu Geschwistern zählte er nur seinen Bruder, Joh. Josef, der am 15. März 1936 heimgegangen ist. Der Vater war schon Siegrist im Ried und starb im Alter von 41 Jahren, Alois war damals 2 einhalb Jahre und Joh. Josef 6 Monate alt. Die Mutter war des "Sägä Wisels" Tochter, der zurzeit grösster Sentenbauer im Muotathal und Sägereibesitzer war. Das war auch einer von denen, die ins Welschland zu Fuss gingen, um das Vieh zu verkaufen, einmal kam er mit einem Stocke heim und sagte, das sei ein teurer Stock, weil er für das Vieh fast nichts gelöst hatte. Der Verblichene ging in jungen Jahren auf die Alp Tröligen, um sein Vieh zu besorgen. Er liebte die Alp und die Berge. In der Zwischenzeit schnitzte er. Eine ganze Reihe Schlüssel und Ruchebetteli, je aus einem Stück Holz mit einem gewöhnlichen Messer geschnitzt, legen für seine Kunstfertigkeit Zeugnis ab. 1883, mit 22 Jahren ging Vater Suter nach Rom und trat dort mit einem Nachbar in die Schweizergarde ein, wo er nur neun Monate Dienst tat, da er infolge Krankheit wieder Abschied nehmen musste.

Abb. 2: Austrittszeugnis der Schweizer Garde vom 2. August 1884.

1886 ging Vater Suter nach Deutschland, um als geschätzter Schweizer sein Brot zu verdienen. Er unternahm dann Reisen nach Köln, sah den Kölner Dom und in Trier verehrte er den ausgestellten hl. Rock unseres Herrn Jesu Christi, ebenfalls gelangte er nach Holland und Paris und bestieg den Eiffelturm gleichwie in Rom die St. Peterskuppel. Die Meistersleute in Deutschland bewahrten dem Melker Alois die Treue und bis zum Anfang des 1. Weltkrieges dauerte der Briefwechsel an. Durch 4 Jahre versah er zwei Stellen in Krefeld und Kempten, krankheitshalber musste er sein Wirkungsfeld verlassen, das ihm so lieb geworden war. Die Kost tat es ihm nicht, es war nicht Schweizerkost. Auf einer späteren Romreise nahm Vater Suter sein 6-bässiges Orgeli mit, um seinen Kameraden, Franz und Bernardin Betschart (genannt Eggelis) einige frohe Stunden in der Kantine der Schweizergarde zu bereiten. Er musst zum Beispiel 3 man nacheinander den gleichen Mazurka spielen. Mancher Gardist wischte sich die feucht gewordenen Augen aus (Der Mazurka wurde nachher Heimwehtänzli genannt). Die Fotos von diesem Römeraufenthalt sind noch vorhanden. Alois Suter konnte in der Kantine frei logieren. Oberst de Courten meinte, er sei ja auch Gardist gewesen und habe seine Sache gut gemacht.
In Muotathal war Vater Suter der erste, der über ein Velo verfügte, ebenso der zweite, der eine Handharmonika besass. Mit diesem Orgeli stellte sich der Heimgegangene seinen Landsleuten zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten zur Verfügung, um Abwechslung und Lustigkeit zu verbreiten. Der Lisäbethler wurde mit seinem 8-bässigen (Anm. LS: Alois Suter hat zeitlebens nur auf einem 6-bässigen gespielt) Orgäli unzählige Male nach allen Richtungen über die Muotathalergrenze hinaus berufen, denn er machte eine Musik, die heute leider fast nirgends mehr zu hören ist. Mit der lieblich schönen Weise und der Taktmässigkeit seiner Musik bezauberte er seine Zuhörer, so dass auch das hartnäckigste Tanzbein nicht widerstehen konnte. Ja man darf ruhig sagen, Alois war ein wahrer Künstler in diesem Fache, es war für jung und alt ein gehöriger Ohrenschmaus. Nur mit Wehmut denkt man an die vielen und gemütlichen Abende, die wir mit ihm verlebten, schreibt ein Nachbar. Viel zu schnell war es wieder Morgen und Alois musste, solange er Siegrist war, manchmal mit seinem Fahrrad im Eiltempo dem Tale zu, um seinem Amte vorzustehen.

Abb. 3: Ausschnitt aus dem Nachruf in der Schwyzer Zeitung vom  19. Mai 1950.

Vater Suter hatte Freude an grossen Fusstouren, auch dann, als er Post oder Bahn hätte benutzen können. In 15 Sprachen lernte er das Vaterunser und Ave Maria. 1896 verheiratete sich Alois Suter mit der währschaften Bauerntochter Aloisia Pfyl von Ried-Muotathal. Dann bewirtschaftete er sein väterliches Heimwesen untere Meienen und war, wie bemerkt Siegrist, 25 Jahre stand er treu im Amte. Zuerst betrug der Lohn 80, dann 100 und 120 Fr. Beim neuen Kirchenbau hatte er soviel Arbeit, dass es ihm zu 250 Fr. "langte". 1918 befiel ihn eine schwere Herzkrankheit. Mit Wehmut gab er deshalb das Siegristenamt auf. 1907 verlor er durch den Tod seine liebe Gattin, drei Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren hinterlassend. Damals sagte Dekan Schmid zu ihm, nun müsse er zu seinen Kindern auch noch Mutter sein und in der Tat wurde er es. Mit Liebe hat er sie zu brauchbaren Menschen erzogen. Vater Suter verfügte über ein selten gutes Gedächtnis. Von Jugend an liebe er abgerufene Münzen. Durch sein Selbststudium kannte er im Laufe der Jahre die Münzen fast aller Staaten. Besonders ging sein Interesse nach Schweizergeld und päpstlichen Münzen.

Abb. 4: Alois Suter mit unbekanntem Büchler.

(In Rom forderte S. Eminenz Kardinal Mezzofanti Alois Suter auf, einige Stücke auf der Orgel zu spielen. Da war der Schweizer verlegen und spielte religiöse Lieder. Da sagte der Kardinal: Spielen Sie alles Schweizerstücke. Als Lohn gab er ihm einen rosaroten Rosenkranz mit grossen Perlen.) Als Kinderfreund spielte er diesen gerne St. Nikolaus. Seine Vorliebe ging nach frischem Brunnenwasser. Er hatte zeitlebens zum Waschen keine Seife gekauft. Er ging bis er mehr als 50 Jahre alt war das ganze Jahr hindurch ohne Socken oder Strümpfe und hatte seiner Lebtag nie Gliedersucht. Im Jahre 1919 verkaufte er sein Heimwesen, da sich die Söhne anderen Berufen widmeten. Im Jahre 1929, als die Schwalben nisteten, zog auch Vater Suter aus zu seinem Sohne nach Schwyz-Kaltbach und nun haben sie noch 20 Jahre zusammen in Eintracht gelebt. Während dieser Zeit hatte er eine schwere Operation und anderweitige Krankheiten in der Familie durchzumachen, was er alles mit christlichem Starkmut und ohnne Murren und Klagen aus der Hand Gottes annahm.
Auch verehrte er die Gottesmutter Maria sehr und tat alle Samstage Abbruch im Essen, um von der Mutter Gottes eine glückliche Sterbestunde zu erlangen. Alois Suter ging alle Tage in die hl. Messe. Er schätzte das hl. Messopfer überaus hoch. Er ging gern allein den halbstündigen Weg, da konnte er auf dem Wege unaufhörlich beten und darin folgte er dem guten Beispiele von Dekan Dr. Schmid, der 42 Jahre in der Gemeinde Muotathal segensreich gewirkt hatte. Dieser Priester ging hoch ins Alter hinein zu Fuss nach Schwyz und zurück, stets auf dem Wege betend. Der Heimgegangene äusserte den Wunsch, im Muotathal, unter seinen Lieben beerdigt zu sein. Nun harrt auch er dort der ewigen Auferstehung. Im Herbst befiel ihn eine schwere Krankheit; er überwand sie, doch Allbezwinger Tod säumte nicht mehr lange. Die Arterienverkalkung war zuweit fortgeschritten. Da Alois Suter den Sonntag hoch in Heiligung hielt, durfte er auch an einem Sonntag sterben und im Maienmonat wurde er dem geweihten Schoss der Erde übergeben. Nun ist Vater Suter nicht mehr unter uns. Wir aber bewahren ihm ein ehrendes Andenken. R.I.P. Die verehrlichen Trauerfamilien versichern wir unserer herzlichen Anteilnahme!



Abb. 5: Portrait, Datum unbekannt


Link zum ersten Beitrag zu Alois Suter

Freitag, 9. März 2012

Ein eigenartiger Code, Teil 4

Nachdem in <Ein eigenartiger Code, Teil 3> die Prinzipien der Entschlüsselung der Eichhorn-Signatur erläutert worden sind, wird sich dieser Blogbeitrag der Diskussion von aktuellen Problemen und offenen Fragen in diesem Zusammenhang widmen, in der Hoffnung, dass in näherer oder fernerer Zukunft der eine oder andere der genannten Punkte einer Klärung zugeführt werden können.


Die Bedeutung der römischen Ziffern
Die typische Eichhornsignatur setzt sich aus den Teilen a. lateinische Zahl, b. Buchstabe und c römische Zahl zusammen. Auf die Bedeutung von a. und b. wurde in Teil 3 dieser Blogfolge eingegangen. Nach gängiger Ansicht gibt die römische Zahl den Monat des Herstellungsjahres an, also z.B. III für März oder IV für April etc. Drei Gründe sprechen gegen diese Interpretation: Erstens ist es unverständlich, dass ein eher unbedeutendes Detail wie der Herstellungsmonat explizit festgehalten wird, da ja nicht einmal das wesentlich bedeutsamere Herstellungsjahr eindeutig angegeben wird. Zweitens habe ich nach Sichtung zahlreicher Instrumente nie römische Ziffern im Dreifachcode a.b.c gesehen, die über die Zahl IV hinausgegangen wären. Alle Angaben mit römischen Zahlen höher als IV hängen mit einer anderen Art der Kodierung zusammen, die weiter unten angesprochen wird.  Drittens erscheint die römische Zahl nicht im Stammbuch, in dem sich eine Zuordnung zum Herstellungsjahr ohne weiteres nachvollziehen lässt. Weitaus logischer scheint mir daher folgende Interpretation der römischen Zahl: Das Alphabet zählt ohne die drei Umlaute ä, ö und ü 26 Buchstaben. Wenn jeweils eine Serie von 100 Instrumenten einem Buchstaben des Alphabets zugeordnet wurde, ergibt dies pro vollständiges Alphabet 2600 Instrumente. Diese Zahl entspricht grob geschätzt etwa der Produktion in 20 bis 25 Jahren (100 bis 120 Instrumente pro Jahr). Im Zeitraum von etwa 100 Jahren würde dies bedeuten, dass die Kodierung vier bis fünf Mal mit der Serie a neu beginnen musste (vier bis fünf Alphabet-"Generationen"). Die römische Zahl könnte demnach die Alphabet-"Generation" markieren, d.h. die erste Generation von Instrumenten wurde nach dem Prinzip 1-100.a-z. kodiert, die zweite Generation 1-100.a-z.I, die dritte Generation 1-100.a-z.II etc. Die Klärung dieser Frage erfordert eine möglichst umfassende Auswertung des Datenbestandes an noch exisitierenden Signaturen und der Stammbuch- und Kalendereinträge.

Inkonsistenz der Kodierung
Die klassische Art der Dreifach-Kodierung wurde nicht immer beibehalten. Die Signatur der frühen Instrumente vor ca. 1900 folgt nicht diesem Schema.

Abb. 1: Signatur  einer 4-bässigen Orgel  von Alois Eichhorn-Steiner 


In der Zeit nach der Generalmobilmachung zum 2. Weltkrieg, also in der Zeit Ende 1939 bis 1940/41 wurde mindestens eine Serie von 100 Instrumenten nur mit einer Zahl und ohne Serienbezeichnung beschriftet (nur Code Teil a).

Abb. 2: Signatur von Josef Eichhorn um 1940

Im Jahre 1979 kam ein Alphabet zu Ende. Die Fortsetzung erfolgte nicht durch den Beginn einer neuen Alphabet-"Generation" sondern auf die Serie z folgte die Serie I (römisch Eins, Abb. 3).

Abb. 3: Seite aus dem  Stammbuch 1953-1984. Der Wechsel von z auf I (römisch eins) ist deutlich zu erkennen.

Es ist nicht möglich den genauen Zeitpunkt festzulegen, von dem weg die klassische Signatur in der Form a.b.c eingeführt wurde. Diese Inkonsistenzen bei der Beschriftung erschweren die genaue zeitliche Zuordnung, insbesondere auch auf Grund der Tatsache, dass wesentliche schriftliche Unterlagen zur Zeit nicht greifbar sind.

Stammbücher und Kalender
Zur Zeit ist das Stammbuch 1953-1984 digital erfasst und archiviert. Es handelt sich dabei um das letzte Stammbuch, das von der Fa. Eichhorn geführt wurde. Zudem sind die "Kalender" mit den Instrumenten aus den Jahren 1945 bis 1985 digital erfasst und archiviert. Stammbücher vor 1953 und Kalender vor 1945 müssen bis heute leider als verschollen eingestuft werden. Es gibt Hinweise darauf, dass die Dokumente im Rahmen einer Aufräumaktion vernichtet wurden. Es besteht allerdings die berechtigte Hoffnung, dass diese pessimistische Aussage nicht zutrifft und die Dokumente in den nächsten Jahren zum Vorschein kommen werden, da aktuell gewisse Räumlichkeiten in der Eichhorn-Manufaktur nicht zugänglich sind.

Die Frage nach dem Warum?
Jedem Interessierten stellt sich die Frage, weshalb ein derart intransparenter Code für die Signatur der Instrumente verwendet wurde. Weit nahe liegender wäre eine fortlaufende Nummerierung der Instrumente oder z.B. eine Jahresangabe plus fortlaufende Nummerierung der Instrumente in diesem Jahr. Der Code ist eindeutig in einer Weise gestaltet, dass nur Eingeweihte mit Zugriff auf zusätzliche Informationen (Kalender- und/oder Stammbucheinträge, Kenntnis der Schriften) die Bedeutung der Angaben erkennen können. Hier zeigt sich ein typisches Charaktermerkmal der Eichhorns, nämlich die profunde Verschwiegenheit in Geschäftsangelegenheiten, die möglicherweise eine wesentliche Voraussetzung für den Geschäftserfolg war. Persönliche Gespräche mit noch lebenden Familienangehörigen haben ergeben, dass es üblich war, dass selbst engste Angehörige den Raum verlassen mussten, wenn die Männer über geschäftliche Dinge sprachen.  Also auch innerhalb der Eichhorn-Familie wurde strengste Geheimhaltung in geschäftlichen Angelegenheiten gewahrt. Die Folgen dieser Geschäftspolitik sind bis heute spürbar. Sie öffnen den Raum für Spekulationen und erschweren den exakten Nachvollzug der Geschichte der Eichhorn-Handharmonika.

Wie weiter?
Obwohl Signaturen schon gefälscht oder nachträglich abgeändert wurden, bieten diese die zuverlässigste Möglichkeit, das Baujahr eines Instrumentes einzuschätzen. Andere Merkmale wie Intarsien, Stimmenmaterial, Celluloid und Schilder sind wenig zuverlässig, da sie nachträglich leicht geändert werden können und da sie beim Bau der Instrumente nicht zuverlässig einer Periode zugeordnet werden können. Man nahm was man hatte bzw. was geliefert wurde und in einer Periode, die z.B.  durch grosse Würfelintarsien am Balgrahmen charakterisiert war, konnte es vorkommen, dass eine Zahl von Instrumenten mit kleinen Würfelintarsien versehen wurde! Um die geschichtliche Entwicklung der Eichhorn-Handharmonika besser nachvollziehen zu können und eine genauere Datierung der Instrumente zu ermöglichen, wäre es wünschenswert, wenn ein Register der noch existierenden Instrumente angelegt werden könnte. Der Autor dieses Blogs wäre gerne bereit, den Aufbau und die Verwaltung eines derartigen Registers in die Hand zu nehmen und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Er wäre allerdings auf die Mithilfe der Leser und Leserinnen, insbesondere auch der Sammler, Reparateure und Restauratoren angewiesen.







Mittwoch, 7. März 2012

Ein eigenartiger Code, Teil 3

Wie wir in den vorhergehenden Ausführungen festgestellt haben, ist (fast) jedes Eichhorn-Instrument mit einer zwei- bis dreistelligen Signatur versehen. Wie in Teil 1 angedeutet, lassen sich aus der Signatur ableiten, wer das Instrument in der Eichhorn-Manufaktur gestimmt hat (siehe Teil 2), in welchem Jahr das Instrument gebaut wurde und wer der Erstkäufer des Instruments war.

Die Signaturen bestehen typischerweise von links nach rechts aus

  • einer arabischen Zahl, z.B. 69.
  • einem lateinischen Kleinbuchstaben, z.B. n.
  • bei älteren Instrumenten (vor ca. 1950) einer römischen Ziffer, z.B. III
Abb.1: Signatur 69.n.

Abb. 2: Instrument Eichhorn, Tonart A-D, 3-chörig, 18 Bässe, 10 Kreuztöne mit der Signatur 69.n.

Die Angaben sind wie folgt zu lesen
  • Die arabische Zahl 69 bedeutet, dass es sich um das 69. Instrument aus einer Serie von 100 Instrumenten handelt.
  • Der lateinische Kleinbuchstabe gibt die Serienbezeichnung an. In diesem Fall handelt es sich um die Serie mit der Bezeichung n. 
  • Eine römische Ziffer fehlt bei diesem Instrument neueren Datums.
Die Signaturen wurden nach folgendem Prinzip angebracht: In der Manufaktur wurden die neu hergestellten Instrumente unterschiedlichen Typs in der Stimmstube fortlaufend von 1 bis 100 nummeriert. Eine Gruppe von 100 Instrumenten bildete eine Serie, in diesem Fall die Serie n. Wurde die Ziffer 100 erreicht, dann wurde auch die Serienbezeichnung nach dem Alphabet fortlaufend gewechselt. Also nach dem Instrument 100.n. wurde das nächste Instrument mit der Signatur 1.o. versehen.

Wie bereits in Teil 2 erläutert wurde, ist es möglich, anhand des Schriftbildes den Urheber der Signatur zu bestimmen. In diesem Fall war es Alois Eichhorn. Damit ist eine grobe Datierung möglich, da Alois Eichhorn (1924-2005) Instrumente ab 1945 bis 2005 signiert hat. Das Instrument wurde demnach in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hergestellt.

In der Stimmstube wurde über jedes hergestellte Instrument genau Buch geführt. Die Bezeichnungen der Instrumente sowie der Instrumententyp wurden in Kalendern festgehalten. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Kalender eigentlich nichts über das effektive Produktionsdatum aussagen, da die Kalender einfach anstelle von einem Notizbuch verwendet wurden. So finden sich z.B. im Kalender von 1966 die Angaben zu den Instrumenten, die im Zeitraum Ende 1966 bis Mitte 1972 hergestellt wurden.

Abb. 3: Umschlag des Kalenders 1966

Abb. 4: Kalender 1966, Woche 21. Eingetragen ist rechts der Jahreswechsel 1967-1968. Zudem erkennen wir in der ersten Zeile, dass zu dieser Zeit die Instrumente der Serie n. hergestellt wurden. Das erste Instrument, im Jahre 1968 wurde mit der Signatur 34.n. versehen.

Abb. 5: Drei Seiten später ist die Signatur unseres Instrumentes 69.n. aufgeführt. Die Bezeichnung 18/3/4 a/d bedeutet, dass die Orgel 18-bässig, 3-chörig, Bässe 4-fach in  der Tonart A-D ausgeführt ist. 
Damit kann gesagt werden, dass das Instrument mit der Signatur 69.n. in den ersten Monaten des Jahres 1968 hergestellt wurde.

Neben dem Eintrag in den Kalender wurde jedes Instrument mit seiner Signatur in einem Stammbuch eingetragen. Beim Verkauf des Instrumentes wurden das Verkaufsdatum, der Name des Käufers und ev. der Kaufpreis eingetragen.


Abb. 6: Umschlag des Stammbuches 1953-1984

Abb. 7: Stammbucheintrag für das Instrument 69.n. Die Orgel wurde am 5. März 1970 an das Musikhaus G. Steck-Strebel in Langnau verkauft. Der Verkaufspreis lag bei Fr. 1110.-. Die Orgel war im Katalog als Modell 102 aufgeführt und, wie wir bereits wissen, in der Tonart A-D.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Instrument mit der Signatur 69.n. in den ersten Monaten des Jahres 1968 gebaut und von Alois Eichhorn gestimmt wurde. Es wurde am 5. März 1970 an das Musikhaus Steck in Langnau verkauft.

Das Beispiel mit dem Instrument 69.n. wurde deshalb gewählt, weil in diesem Fall die ganze Linie - vom vorhandenen Instrument über den Kalendereintrag bis zum Stammbucheintrag - verfolgt werden kann und sich so das Prinzip des Codes, bzw. der Signatur vollständig darstellen lässt. In Teil 4 werde ich erläutern, warum dies zur Zeit in vielen Fällen noch nicht möglich ist.

Zum Abschluss dieses Teils ein weiteres Beispiel aus den Archiven für den Liebhaber

Abb. 8: Leo Schelbert (z Tönis Leo, 1905-1966), bedeutender Akkordeonist und einer der zahlreichen Muotathaler Komponisten.

Abb. 9: Kalender 1960 mit Eintragungen zu den Instrumenten mit Baujahr Ende 1960 bis 1965. Das Bildmotiv ist nicht ganz zufällig, da die Eichhorns grosse Autoliebhaber waren.

Abb 10: Das Kalenderblatt zeigt den Wechsel der Signatur von 100.b. auf 1.c. (auf Höhe 17. Februar). 

Abb. 11: Der erste Eintrag oben links bezeichnet das Instrument 22.c. Es handelt sich um eine chromatische Orgel mit 123 Bässen, 4-chörig, Bässe 2-fach, Schwyzerton mit dem Vermerk Leo Schelbert. Das Instrument wurde demnach zu Beginn des Jahres 1961 signiert.

Abb. 12: Eintrag im Stammbuch 1953-1984. Links sind die Instrumentennummern zu erkennen, in der ersten Zeile die Serienbezeichnung c. Unter 22. ist festgehalten, dass Leo Schelbert das Instrument 1961 gekauft hat, ein genaues Verkaufsdatum und der Kaufpreis sind nicht angegeben.